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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 4 U 98/07
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO, HGB, EGBGB, HWiG


Vorschriften:

BGB § 31
BGB § 164 Abs. 1
BGB § 195 a.F.
BGB § 195 n.F.
BGB § 198 a.F.
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB §§ 249 ff.
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 278
BGB § 309 Nr. 12
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 264 a
ZPO § 850 f
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 286
ZPO § 513 Abs. 2
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 538
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2
HGB § 25
HGB § 25 Abs. 1
HGB § 25 Abs. 3
HGB § 128
HGB § 161 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 5
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
HWiG § 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. Mai 2007 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bochum aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung von Beratungspflichten und wegen Kapitalanlagenbetruges auf Schadenersatz in Anspruch. Zusätzlich begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte zu 3) wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet ist.

Die Beklagte zu 1) ist durch formwechselnde Umwandlung der G AG entstanden und am 26. Juli 2005 im Handelsregister eingetragen worden. Die Beklagte zu 2) ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 3) ist Kommanditist der Beklagten zu 1) und Geschäftsführer der Beklagten zu 2).

Seit dem Jahre 1991 betrieb der Beklagte zu 3) in Hof die Einzelfirma G1. Zu Beginn des Jahres 1999 wurde die G2 GmbH & Co. KG gegründet. Durch Satzung vom 15. Dezember 2000 wurde dann die G AG gegründet und im Januar 2001 in das Handelsregister eingetragen. Deren Vorstand war der Beklagte zu 3).

Die Klägerin, die damals T hieß und als angestellte Konditorin 1.000,-- DM im Monat verdiente, unterschrieb am 1. November 2000 einen Zeichnungsschein der G5AG, mit dem sie sich mit einer Einmalanlage in Höhe von 3.000, DM zuzüglich Aufgeld von 150,-- DM und mit einer Rateneinlage von 100, DM zuzüglich 5,-- DM Aufgeld für eine Mindestvertragsdauer von 15 Jahren als atypisch stille Gesellschafterin an der Gesellschaft beteiligte (vgl. Bl. 37 f.). Als Vertriebsorganisation ist "G4" und als Vermittlerin Frau T1 eingetragen. Die Klägerin erteilte zugleich eine Vollmacht zur Durchführung eines sogenannten Aufbauprogramms, das die G3 AG berechtigte, Beitritte zu Folgegesellschaften oder neuen Unternehmenssegmenten vorzunehmen (Bl. 39). Aufgrund dieser Vollmacht schloss die G3 AG am 31. Dezember 2000 mit der G5 AG und am 1. März 2004 mit der D AG & Co. KG weitere Verträge über eine atypische stille Gesellschaftsbeteiligung. Mit diesen Gesellschaften schloss die Klägerin unter dem 27. Dezember 2006 einen Vergleich (vgl. Bl. 74, 75), durch den sich die Gesellschaften zur Zahlung eines Gesamtbetrages von 1.400,-- € an die Klägerin verpflichteten, die aus den Verträgen entlassen wurde.

Die Klägerin hat mit näheren Ausführungen dargelegt, warum das Landgericht Bochum zuständig sei. Sie hat behauptet, den Vertrieb der Gesellschaftsbeteiligung der G3 AG habe damals die G2 GmbH & Co KG übernommen. Die Vermittlerin T1, die mit dieser Firma einen Geschäftspartnervertrag einschließlich Provisionsabrede geschlossen habe, sei im Rahmen der Vertragsanbahnung, der anschließenden Beratung und des Vertragsabschlusses gegenüber der Klägerin auch als deren Vertreterin aufgetreten (Beweis: Zeugnis T1). Es sei auch diese Firma gewesen, die für die Vermittlung der Kapitalanlage der Klägerin von der G5 AG eine Provision erhalten habe (Beweis: Zeugnis H). Die Geschäftstätigkeit dieser Firma habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) zum 1. Juni 2001 vollständig übernommen (Beweis Dr. G6 und Dr. I). Auch die bestehenden Geschäftspartnerverträge seien in die G4 AG übernommen worden, wie sich schon aus derem Schreiben vom 8. Mai 2001 (Bl. 160) ergebe. Die Tatsache der Übernahme sei auch gegenüber der Creditreform bekannt gemacht worden (Beweis: Zeugnis C). Die Mitarbeiterinnen T1 und C1 der Vertriebsfirma hätten sich im Jahre 2000 mit ihr, der Klägerin, in Verbindung gesetzt, um ihr eine Gesellschaftsbeteiligung bei der G3 AG anzutragen. Nachdem die Klägerin zunächst vorgetragen hatte, ein Beratungsgespräch habe am Tage des Abschlusses in ihrer Wohnung stattgefunden, hat sie bei ihrer Anhörung erklärt, Ende Oktober 2000 und am 1. November 2000 sei es jeweils zu Gesprächen mit den beiden Vermittlerinnen in der Privatwohnung der Frau T1 in I1 gekommen, bei denen Frau C1 eine wichtige Rolle zugekommen sei. Die Gespräche seien so abgelaufen, wie dies in den eingereichten Schulungsunterlagen des G7 Strukturvertriebs dargestellt sei. Insbesondere seien der Klägerin für ihren Anlageentschluss entscheidende Tatsachen wie das mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundene Verlustrisiko und die eventuelle Nachschusspflicht vorenthalten worden. Die Vermittlerin T1 habe vielmehr nur ein Berechnungsbeispiel erstellt, welches auf einer dauerhaften Rendite von mindestens 9 - 10 % basierte. Sie habe erklärt, auch wenn es sich um eine Prognoseberechnung handele, sei jetzt schon klar, dass die dortigen Renditen tatsächlich und dauerhaft erzielt würden. Sie könne jederzeit flexibel über ihre Investitionen verfügen. (Beweis für alles: Zeugnis T1). Die Vermittlerinnen hätten insbesondere auch die Steuervorteile der Geldanlage herausgestellt. Man habe ihr erklärt, dass sich die Anlage selbst dann lohne, wenn sie zur Zeit so gut wie keine Steuern zahle. Zudem hätten die Vermittlerinnen auch Tatsachen verschwiegen, die das Verhältnis von Chancen und Risiken der Anlage betroffen hätten. So sei nicht auf die sogenannten weichen Kosten der Anlage hingewiesen worden, die sich auf 18,9 % zuzüglich 5 % Agio belaufen und damit nahezu 1/4 der Anlagesumme ausgemacht hätten. Auf bereits veröffentlichte negative Publikationen sei ebenfalls nicht hingewiesen worden. Von besonderer Bedeutung sei es gewesen, dass auf das gesteigerte Verlust- und Insolvenzrisiko auch in Zusammenhang mit der Dynamisierung um jährlich 3 % nicht hingewiesen worden sei. Gerade die Dynamisierung hätte angesichts der langen Laufzeit dazu führen können, dass die Monatsrate eine Höhe erreichen könnte, die der Anleger nicht mehr in jedem Fall aufbringen könnte. Die im Zeichnungsschein erfolgten Belehrungen seien nicht -auch nicht im Zusammenhang mit dem Emissionsprospekt- in der Lage gewesen, eine ausreichende anlegergerechte Beratung zu ersetzen. Die knapp gehaltenen Hinweise hätten insbesondere nicht ausgereicht, den Anleger über das bestehende Verlustrisiko zu belehren. Sie habe zwar nach dem vorformulierten Text des Zeichnungsscheines erklärt, den Emissionsprospekt erhalten zu haben. Das darin möglicherweise liegende Empfangsbekenntnis sei aber wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 12 b BGB unwirksam. Die Klägerin hat behauptet, sie hätte die Anlagen bei vollständiger Beratung über die riskante Beteiligung mit ihrer unsicheren Rendite nicht gezeichnet. Sie habe insgesamt 5.314,94 € auf die Geldanlagen eingezahlt (Beweis: Zeugnis H). Entnahmen seien erfolgt in Höhe von 460,17 €. Berücksichtige man die vergleichsweise gezahlten 1.400 € auf der einen und die ihr entgangenen Zinseinkünfte in Höhe von 471,57 € auf der anderen Seite, ergebe sich ein Schadensbetrag in Höhe von 3.926,34 €. Dabei hat die Klägerin einen Zinssatz in Höhe von 4,8 % für Bundesanleihen für den Zeitraum vom 11. Dezember 2000 bis zum 16. Januar 2007 zugrundegelegt. Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte zu 3) hafte ihr als Täter wegen Anlagebetruges nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB. Die Vermittlerinnen T1 und C1 hätten sowohl unrichtige falsche Angaben gemacht als auch nachteilige Tatsachen verschwiegen, wobei sie sich an den Vorgaben des strukturierten Verkaufsgesprächs der G4 orientiert hätten (Beweis: Zeugnis T1). Für die Inhalte und Durchführung der Schulungen seiner Mitarbeiter sei der Beklagte zu 3) als Geschäftsführer der Komplementärin der damaligen Vertriebsgesellschaft verantwortlich gewesen. Der Beklagte zu 3) habe sich beim Vertrieb der nur rudimentär geschulten und überwiegend ahnungslosen Mitarbeiter bedient, die die Arbeitsmaterialien und dabei insbesondere die dem Beklagten zu 3) bekannte Gesprächsvorlage benutzt hätten, um das vertriebene Produkt unbedarften Anlegern im Wege eines systematischen Werbens von Haus zu Haus anzudienen. Im Vordergrund hätte dabei nicht die Beratung, sondern der Verkauf der Anlage gestanden. Es sei einzig und allein darum gegangen, wie man potentielle Anleger dazu bekomme, die Anlagen zu zeichnen. Dabei habe auch der Beklagte zu 3) als mittelbarer Täter in Zusammenhang mit dem Vertrieb über die von ihm ausgebildeten und ahnungslosen Mitarbeiter die falschen Angaben gemacht und die nachteiligen Tatsachen verschwiegen. Er habe sämtliche Umstände gekannt und eine absehbare Schädigung der Anleger zumindest in Kauf genommen. Das deliktische Handeln des Beklagten zu 3) sei den Beklagten zu 1) und 2) auch im Wege der Organhaftung nach § 31 BGB zuzurechnen.

Sämtliche Ansprüche seien auch nicht verjährt. Die Klägerin habe die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Ersatzpflichtigen erst im Jahre 2006 erlangt. Zu Anfang dieses Jahres sei sie durch ein Rundschreiben der J darauf aufmerksam geworden, dass die Anlage entgegen den Anpreisungen nicht sicher und renditeträchtig, sondern mit dem Risiko eines Totalverlustes behaftet sei (Beweis: Zeugnis M). Die erforderliche weitere Kenntnis sei ihr dann erst nach einer entsprechenden Beauftragung durch ihre Prozessbevollmächtigten verschafft worden.

Das besondere Interesse für den Feststellungsantrag gegen den Beklagten zu 3) ergebe sich in Zusammenhang mit den Rechtswirkungen des § 850 f ZPO.

Die Beklagten haben sich gegen die Klageforderung verteidigt. Sie haben die Zuständigkeit des Landgerichts Bochum in Frage gestellt und das besondere Feststellungsinteresse in Bezug auf den gegen den Beklagten zu 3) gerichteten Feststellungsantrag verneint. Sie haben sich auch gegen die Aktivlegitimation der Beklagten zu 1) und 2) gewandt und darauf hingewiesen, dass diese Gesellschaften zum Zeitpunkt der Vermittlung der Anlage überhaupt noch nicht existent gewesen seien. Deshalb könne auch der Beklagte zu 3), der als ihr Geschäftsführer in Anspruch genommen werde, nicht haften. Auch die Voraussetzungen der von der Klägerin behaupteten Betriebsübernahme lägen nicht vor, zumal die G2 GmbH & Co KG nach wie vor bestehe und geschäftlich aktiv sei (Bl. 244). Die Beklagten haben insbesondere die vollständige Übernahme von deren Geschäften und Verbindlichkeiten durch die AG und eine entsprechende Bekanntmachung bestritten und insoweit auf ein Urteil des Landgerichts Leipzig (Bl. 107 ff.) verwiesen. Auch die Voraussetzungen für einen Kapitalanlagebetrug des Beklagten zu 3) seien nicht gegeben. Das vorgelegte strukturierte Verkaufsgespräch der G7 stamme nicht von ihm. Die Beklagten haben bestritten, dass die Vermittlerin T1 für sie tätig geworden sei und legen eine Vereinbarung vor, nach der Frau T1 zur fraglichen Zeit für die G8 AG tätig gewesen sei (Bl. 122 ff.). Sie haben ferner bestritten, dass ihre Vermittler nur rudimentär über bestimmte Verkaufsaspekte geschult würden wie sie im vorgelegten "strukturierten Verkaufsgespräch" enthalten seien. Die Vermittler seien schon immer durch fachkundige Dritte umfassend geschult und auf die Besonderheiten der Anlage in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht hingewiesen worden (Beweis. Zeugnis T1). Im einzelnen haben die Beklagten dann dazu vorgetragen, dass das Beratungsgespräch nicht den von der Klägerin behaupteten Inhalt gehabt habe. Die Klägerin sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es sich um eine Unternehmensbeteiligung mit ihren typischen Risiken handele, die keinen fest verzinslichen Gewinn abwerfe und bei der das Risiko eines Totalverlustes bestehe. Nur durch zu Anfang anfallende Verluste könnte die angestrebte Steuerersparnis erzielt werden. Auch auf eine etwaige Nachschusspflicht bis zur Höhe der getätigten Entnahmen sei hingewiesen worden (Beweis für alles: Zeugnis T1). Das alles ergebe sich im Übrigen auch schon aus dem Zeichnungsschein und dem Prospekt, der der Klägerin unter Hinweis auf die dortigen Risikohinweise vor der Vertragsunterzeichnung übergeben worden sei (Beweis: Zeugnis T1). Die Beklagten haben bestritten, dass die Anlage ungeeignet sei, die prospektierte Rendite zu erwirtschaften. Die Zeugin T1 habe zwar auf die Möglichkeit einer Rendite in Höhe von 9 % bis 10 % hingewiesen, dabei aber erklärt, dass eine solche Rendite nicht verbindlich sei (Beweis: Zeugnis T1). Schließlich haben die Beklagten auch noch darauf verwiesen, dass die Vermittlerin C1 entgegen dem Klägervortrag nicht während des gesamten Gesprächs anwesend gewesen sei (Beweis: Zeugnis T1).

Das Landgericht hat die Klägerin angehört und sodann die Klage zugesprochen. Es hat den Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Beratungspflichten aus Vertrag und wegen Kapitalanlagebetruges aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 264 a StGB für gerechtfertigt gehalten. Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass die Vermittlerinnen T1 und C1 ihre Gespräche mit der Klägerin so geführt haben, wie es ihnen mit dem als Anlage zur Klageschrift eingereichten Schulungspapier des G7 Strukturvertriebs vorgegeben worden sei. Dabei ist das Landgericht von den entsprechenden Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ausgegangen, die durch die zu den Akten gereichten Schulungspapiere gestützt würden, die ersichtlich darauf angelegt seien, unerfahrene Verbraucher zu manipulieren. Soweit die Beklagten mit näheren Darlegungen bestritten hätten, dass Frau T1 und Frau C1 das "Beratungsgespräch" mit der Klägerin nach dem vorgegebenen Gesprächsverlauf geführt und behauptet hätten, die Beraterinnen hätten auf Risiken der Anlage hingewiesen, hat die Kammer dieses Bestreiten wegen offenkundigen Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs. 1 ZPO für unbeachtlich gehalten. Eine solche Beratung sei in den Schulungspapieren nicht vorgesehen gewesen. Einer Frau mit einem Monatseinkommen von 1.000 DM eine hochriskante, noch durch hohe Provisionen geschmälerte Geldanlage als Steuersparmodell zu empfehlen, stelle eine bodenlose Unverschämtheit dar. Die Beratung der Vertriebsmitarbeiterinnen habe dem Schulungskonzept der G8 Finanzgruppe entsprochen, sei grob fehlerhaft gewesen und habe der Klägerin auf betrügerische Weise unrealistische Vorteile versprochen. Die Tatsache, dass die Beraterin T1 zur Zeit der Beratung für die G9 tätig geworden sei, ergebe sich aus der Kennzeichnung der G7 als Vertriebsorganisation. Es sei nicht ungewöhnlich, dass diese Mitarbeiterin auch für die G8 AG tätig gewesen sei. Die Klage richte sich auch gegen die richtigen Beklagten. Es gehöre zur gezielten Strategie der G9, sich durch häufige Umfirmierungen einer Haftung entziehen zu wollen. Die Beklagten hafteten trotz ihrer Neugründung im Jahre 2005 jedenfalls unter Rechtsscheinsgrundsätzen. Den Schaden habe die Klägerin nach § 249 ff. BGB zutreffend berechnet. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, weil die Klägerin erst im Jahre 2006 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hätte. Schließlich sei auch der Feststellungsantrag begründet, da der Beklagte zu 3) als vorsätzlich handelnder mittelbarer Täter hinter dem systematisch an den Verbrauchern begangenen Kapitalanlagebetrug stehe.

Die Beklagten greifen das Urteil mit der Berufung an. Sie rügen eine fehlerhafte Feststellung von Tatsachengrundlagen im Rahmen des § 286 ZPO. Sie seien ihrer sekundären Darlegungslast zu Inhalt und Verlauf des Beratungsgesprächs nachgekommen und hätten insoweit auch geeigneten Zeugenbeweis angeboten. Das Landgericht habe aber den -im Übrigen von beiden Parteien angebotenen- Beweis durch Vernehmung der Zeugin T1 nicht erhoben, sondern nach Anhörung der Klägerin deren Parteivortrag als erwiesen erachtet. Es verstoße insbesondere auch gegen § 286 ZPO, dass das Landgericht das zulässige Bestreiten wegen eines Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht für unbeachtlich gehalten habe. Wer die Unwahrheit sage, hätte das Landgericht ohne die Durchführung der Beweisaufnahme gar nicht beurteilen können. Es komme hinzu, dass sie, die Beklagten, auch noch Einzelheiten zur produktspezifischen Schulung der für sie tätigen Vermittler durch Rechtsanwälte und Steuerberater vorgetragen hätten, insbesondere die Tatsache, dass sich die Vermittler gegenüber der G8 AG verpflichtet hätten, keine vom Emissionsprojekt abweichenden Angaben zu machen und dass sich die Vermittler daran auch gehalten hätten. Auf dieser unterlassenen Sachaufklärung beruhe auch das Urteil, weil die Beweisaufnahme ergeben hätte, dass das Beratungsgespräch nicht in der behaupteten Weise stattgefunden habe. Es komme hinzu, dass das Landgericht auch den Schaden in der geltend gemachten Höhe als berechtigt angesehen habe, obwohl sie in zulässiger Weise auch die von der Klägerin behaupteten Zahlungen auf die gezeichnete Anlage bestritten hätten und der von der Klägerin angebotene Beweis nicht erhoben worden sei.

Die Beklagten rügen ferner, das Landgericht habe zu Unrecht die Passivlegitimation der Beklagten jedenfalls unter Rechtsscheinsgesichtpunkten bejaht. Die Beklagten zu 1) und 2) hätten im Jahre 2000 einen solchen Rechtsschein schon deshalb nicht begründen können, weil sie erst 2005 gegründet worden seien. Die Klagepartei habe die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 HGB auch schon nicht schlüssig dargelegt.

Die Beklagten weisen auch darauf hin, dass die Klägerin nach wie vor auch die Schadenshöhe nicht schlüssig vorgetragen habe. Insbesondere habe die Klägerin trotz behaupteter und auch grundsätzlich zu berücksichtigender Steuervorteile ihr genaues Einkommen und die konkrete Steuerlast nicht dargelegt und auch entsprechende Steuerbescheide nicht vorgelegt. Sie habe sich auch den Weg zur Naturalrestitution dadurch verbaut, dass sie im Hinblick auf die Beteiligungen mit der Fondsgesellschaft Vergleiche abgeschlossen habe. Diese Beteiligungen könnten nun nicht mehr zurück übertragen werden. Die vereinbarten Vergleichssummen hätten auch dem Wert der Beteiligungen zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht entsprochen. Der jetzt geltend gemachte Differenzschaden sei nicht auf ein etwaiges Verschulden der Vermittler zurück zu führen und auch nicht zurechenbar. Nach Auflösung der Beteiligungen hätte der Wert der Anlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch nicht mehr festgestellt werden können. Schließlich habe das Landgericht nach Ansicht der Beklagten auch zu Unrecht eine Verjährung des gelten gemachten Anspruchs verneint. Die Unkenntnis der angeblich unrichtigen Erläuterungen durch die Vermittler beruhe auf einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin. Diese hätte jedenfalls durch den Zeichnungsschein und den ausgehändigten Emissionsprospekt unschwer Kenntnis davon nehmen können, dass es um eine Unternehmensbeteiligung gegangen sei, aus der sich gegebenenfalls Nachschusspflichten ergeben könnten. Die Beklagten beziehen sich insoweit auf einen Beschluss des OLG Bamberg (Bl. 311 f.).

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bochum zurückzuverweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt insbesondere auch die Beweiswürdigung des Landgerichts. Sie weist darauf hin, dass es dem Landgericht unbenommen gewesen sei, seine Überzeugung auch aus der Anhörung einer Partei und sonstigen Umständen zu gewinnen. Der Senat sei nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Tatsachenfeststellung des Landgerichts gebunden, weil es keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen gebe. Es bestehe auch keine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich im Falle erneuter oder weitergehender Feststellungen die erstinstanzlichen Feststellungen als unrichtig herausstellen könnten. Es sei zudem unstreitig, dass sie nicht über die Höhe der Innenprovision, die Auswirkungen der Dynamisierung und die mögliche Nachschusspflicht bis zur Höhe der Zeichnungssumme aufgeklärt worden sei. Bereits darin sei unabhängig vom Verlauf der Vermittlungsgespräche eine Aufklärungspflichtverletzung zu sehen. Die Klägerin wendet sich auch dagegen, dass sie schon aus den Hinweisen im Zeichnungsschein der G5 AG eine Kenntnis der entscheidenden Umstände erlangen könnte. Sie führt näher aus, aus welchen Gründen der Zeichnungsschein Laien nicht verständlich sei. Aus dem Hinweis auf die Unternehmensbeteiligung ergebe sich für einen unbedarften Anleger insbesondere noch nicht, dass eine derartige Anlage hochspekulativ und mit besonderen Risiken bis hin zum Totalverlust behaftet sei. Nach Meinung der Klägerin ist ihr durch die Pflichtverletzung auch ein Schaden entstanden. Da sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Anlage nicht gezeichnet hätte, sei ihr ein Schaden schon dadurch entstanden, dass sie durch den Vertragsschluss Geldmittel in einer Anlage gebunden hätte, die wegen ihres Risikoreichtums nicht ihren Vorstellungen entsprochen habe und deshalb nachteilig für sie gewesen sei. Weil sie Gefahr gelaufen sei, aufgrund der Zeichnung der Anlage noch jahrelang Einlagen erbringen zu müssen, hätte sie vernünftigerweise den Vergleich abschließen dürfen, um einen möglicherweise langwierigen Rechtsstreit mit der Gesellschaft zu vermeiden. Der Differenzschaden sei ihr deshalb als aus der Anlage entstandener Schaden zu ersetzen. Die Höhe der Differenz sei dabei unabhängig von der Werthaltigkeit der Beteiligung zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses. Etwaige steuerliche Vorteile muss sich die Klägerin nach ihrer weiteren Meinung auch nicht anrechnen lassen, weil sie entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht endgültig bei ihr verbleiben würden. Es sei ihr auch unbenommen gewesen, nach dem Vergleichsabschluss mit der Gesellschaft, bei der die Einlage erfolgt sei, die Beklagten auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen, zumal die Beklagten auch zu keiner Zeit eine andere Art der Abwicklung angeboten hätten.

II.

Die Berufung hat vorläufigen Erfolg, weil das angefochtene Urteil entsprechend dem vorrangigen Begehren der Beklagten nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen eines erheblichen Verfahrensfehlers aufzuheben und zurückzuverweisen ist.

1) Von der Zuständigkeit des Landgerichts Bochum ist unabhängig von der Höhe des Streitwerts nach § 513 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz auszugehen.

2) Es liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der hier ausnahmsweise eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO rechtfertigt. Ein solcher Verfahrensfehler ist darin zu sehen, dass das Landgericht nach Anhörung der Klägerin ohne Durchführung einer Beweisaufnahme entschieden hat, obwohl wesentliche Tatsachen des Klagevorbringens in erheblicher Weise bestritten worden sind und die Klägerin umfassend Beweis angetreten hat. Es ist etwa die Zeugin T1 von der Klägerin dafür benannt worden, dass diese für die G2... KG aufgetreten ist (Bl. 12). Besonders schwer wiegt aber, dass das Landgericht zu der ganz maßgeblichen Frage, ob die Vermittlerin T1 entsprechend den vorgelegten Gesprächsmodellen von Anfang an mit unrichtigen vorteilhaften Tatsachen geworben und nachteilige Umstände verschwiegen hat, um die Klägerin entsprechend dem Vertriebskonzept der "G9" zu der Zeichnung der für sie ungeeigneten Anlage zu bewegen, die von beiden Seiten benannte Zeugin T1 nicht vernommen hat. Es kommt hinzu, dass das Landgericht auch gegen die in § 139 Abs. 1 ZPO enthaltenen Grundsätze der richterlichen Aufklärung verstoßen hat. Es hat vielmehr auf einer nicht ausreichenden tatsächlichen Grundlage allein der Erklärung der Klägerin den Inhalt der vor sieben Jahren geführten Gespräche entnommen und den entgegenstehenden Vortrag der Beklagten als offenkundig wahrheitswidrig für unbeachtlich gehalten. Insbesondere nachdem die Klägerin die Zeugin T1 auch selbst dafür benannt hatte, dass diese sie entsprechend dem ihr bei der Schulung übergegebenem Konzept in entscheidenden Punkten nicht aufgeklärt hätte, haben die Beklagten die Zeugin T1 dafür benannt, dass diese umfassend geschulte Vermittlerin im Gegenteil über die fraglichen Tatsachen aufgeklärt habe, und zwar auch schon aus Gründen einer gegenüber der G3 AG bestehenden Verpflichtung. Das musste den Beklagten unbenommen bleiben. Denn es ist ein Trugschluss, dass sich aus der bloßen Existenz der vorgelegten Anleitungspapiere der "G4" im Wege des Indizienbeweises schließen lassen könnte, dass zur damaligen Zeit im November 2000 bei dem Vertrieb der G10-Beteiligung keine Aufklärung irgendwelcher Art stattgefunden haben kann. Das gilt insbesondere in Zusammenhang mit der Vermittlungstätigkeit der Zeugin T1. Diese ist auch bei der G8 AG tätig. Bei dieser könnten entsprechend dem Vortrag der Beklagten ganz andere Schulungsgrundsätze in Bezug auf den Vertrieb eigener Anlagen gelten. Dafür sprechen schon die umfangreichen Risikohinweise im Emissionsprospekt der G10, den die Klägerin jedenfalls nach der Zeichnung in Händen hatte. Es steht überhaupt nicht fest, dass die Anleitungspapiere Frau T1 damals vorgelegen haben. Die Erklärung der Klägerin kann genauso gut an die Vorlage angepasst worden sein, zumal sich das Beratungsgespräch im Rahmen der ersten Inanspruchnahme der Beklagten noch ganz anders darstellte. Es hätte also nichts näher gelegen als eine Vernehmung dieser Zeugin. Das Landgericht hat aber auf der Grundlage der nicht ausreichenden Feststellungen nicht nur eine Vertragsverletzung der Beklagten angenommen, sondern auch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Beklagten zu 3). Als Folge des wesentlichen Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens ist voraussichtlich auch noch eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig, weil der Senat wegen der fehlerhaften Beweiswürdigung gerade auch unter Berücksichtigung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Feststellungen des Landgerichts nicht zugrunde legen kann. Der Senat müsste im Rahmen der Tatsachenfeststellung quasi noch einmal bei Null beginnen. Er müsste auch die Klägerin noch einmal anhören. Denn eine Entscheidung ohne weitere Beweisaufnahme ist nicht möglich. Eine Klageabweisung aus Rechtsgründen auf Grund des bislang unstreitigen Teils des Sachverhalts kommt nicht in Betracht (zur Frage der Verjährung siehe unten). Auch über eine Haftungsübernahme der Beklagten nach § 25 HGB lässt sich derzeit noch nicht abschließend befinden. Erst recht ist bei der Frage, ob eine deliktische Haftung der Beklagten, insbesondere des Beklagten zu 3) in Betracht kommt, eine Beweisaufnahme unumgänglich. Beweis muss eventuell auch noch im Hinblick auf die Höhe des Schadens erhoben werden. Jedenfalls bedarf es insoweit noch weiterer Aufklärung. Dasselbe gilt dann für die Frage der Berechtigung des Feststellungsantrages. Schließlich liegt auch die weitere Voraussetzung des § 538 ZPO vor, dass die Beklagten ausdrücklich die Zurückverweisung beantragt haben.

3) Für das weitere Verfahren ist das Folgende zu berücksichtigen:

a) Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1) kann sich dem Grunde nach aus einer positiven Forderungsverletzung (pVV) ergeben, weil es um ein Vertragsverhältnis geht, das vor dem 1. Januar 2002 begründet worden ist und auf das deshalb gemäß Art. 229 § 5 EGBGB das alte Recht Anwendung findet.

aa) Ein vertraglicher Anspruch gegen die Beklagte zu 1) kommt hier nur aus übergegangener Schuld nach § 25 Abs. 1 HGB in Betracht. Denn die Beklagte zu 1) ist erst im Jahre 2005 gegründet worden. Sie ist dabei im Wege der Umwandlung aus der G AG entstanden. Diese AG ist erst zum 15. Dezember 2000 per Satzung gegründet worden, also nach der hier fraglichen Beratungstätigkeit. Die Vermittlerinnen T1 und C1 können also für die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht aufgetreten sein.

bb) Die Tätigkeit der Vermittlerinnen T1 und C1 müsste zum Abschluss eines Vertrages der Klägerin mit einem Vertragspartner geführt haben, dessen Verhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) zugerechnet werden könnte. Die im Zeichnungsschein allein erwähnte Frau T1 ist wohl ebenso wie Frau C1 gegenüber der Klägerin nicht im eigenen Namen aufgetreten, sondern nach § 164 Abs. 1 BGB als Vertreterin der "G4", die im Zeichnungsschein als Vertriebsfirma angegeben worden ist. Das spricht zwar dagegen, dass die Zeugin T1 hier als Vertreterin der G8 AG aufgetreten ist, für die die Zeugin T1 bei anderer Gelegenheit offenbar auch tätig wird (Bl. 123). Für wen die Zeugin T1 auftreten wollte und welche Erklärungen sie in diesem Zusammenhang abgegeben hat, ließe sich feststellen, wenn auch dazu entsprechend dem Beweisantrag der Klägerin die Zeugin T1 vernommen würde. Zu beachten ist auch, dass sich die Beziehung der Zeugin T1 zur "G4" nicht nur aus dem Zeichnungsschein selbst, sondern auch noch viel deutlicher aus dem Beratungsbericht der "G4" (Bl. 171) ergibt. Hinter diesem Firmenschlagwort könnte sich zu dieser Zeit entsprechend ihrer Aufgabenstellung die G2 GmbH & Co KG verbergen. Die Klägerin will gerade auch diese Firma als Vertragspartnerin angesehen haben, worauf sich auch die Beklagten ausdrücklich beziehen. Sie wollen damit wohl sagen, dass von der G9 Gruppe nur dieses Unternehmen in Betracht gekommen wäre. Es reicht auch aus, wenn die Person des Vertretenen nach den Umständen bestimmbar ist (BGH NJW 1989, 164, 166). Dafür sprechen dann auch die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäftes. Ein zusätzliches Argument dafür, dass nur diese KG als Vertragspartner in Frage kam, ist die Tatsache, dass sie unstreitig für die Vermittlung der Kapitalanlage an die Klägerin eine Provision erhalten hat. Auch insoweit könnte man sich aber die Spekulationen ersparen, wenn man antraggemäß die Zeugin T1 dazu vernehmen würde, was sie im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgespräch der Klägerin insoweit erklärt hat.

cc) Ist die G2 GmbH & Co KG Vertragspartnerin der Klägerin gewesen, so würde die Beklagte zu 1) für deren Verbindlichkeiten haften, wenn sie diese Firma im Sinne des § 25 HGB fortgeführt hätte. Für eine solche Firmenfortführung könnte sprechen, dass "G4" das prägende Schlagwort beider Firmen ist. Die zusätzliche Bezeichnung als "Zukunftsunternehmen" könnte in den Augen des Verkehrs nicht gegen eine solche Übernahme sprechen, wenn tatsächlich ein Geschäftserwerb vorgelegen hätte. Da beide Firmen die Vermittlung von Finanzanlagen betreiben, könnte insoweit möglicherweise die Übernahme der sachlichen und persönlichen Mittel und der Kunden schon ausreichen. Die Klägerin hat auch die Übernahme der gesamten Geschäftstätigkeit und sämtlicher Mitarbeiter unter Beibehaltung der alten Anschrift dargelegt und unter Beweis gestellt (Bl. 137). In einer Selbstauskunft gegenüber der Creditreform soll die Übernahme auch im Sinne des § 25 Abs. 3 HGB ausdrücklich bekannt gemacht worden sein. Die Übernahme der wichtigen Geschäftspartnerverträge ist bereits dokumentiert (Bl. 160). Die AG ist gerade auch im Bereich der immer enger werdenden Zusammenarbeit mit der G11 Gruppe an die Stelle der KG getreten (vgl. Bl. 70, 164). Es stimmen die Geschäftsadressen ebenso überein wie der als maßgebliche natürliche Person hinter beiden Firmen stehende Beklagte zu 3). Die Beklagten haben eine solche Geschäftsübernahme aber bestritten. Ein pauschales Bestreiten würde zwar angesichts der im einzelnen vorgetragenen und nicht im einzelnen bestrittenen Umstände, die für eine Übernahme sprechen, nicht ausreichen. Die Beklagten haben aber auch vorgetragen, dass die KG bis heute noch weiter existiert, geschäftlich tätig ist und somit noch in Anspruch genommen werden könnte. Das könnte an sich einer Haftung wegen Firmenfortführung entgegen stehen. Eine bloß teilweise Fortführung der bisherigen Firma reicht als Firmenfortführung nämlich in der Regel nicht aus (BGH NJW-RR 2004, 1173 -Küpper). Ein Weiterbestand als Rumpf-KG könnte allerdings ausnahmsweise dann keine entscheidende Rolle spielen, wenn im Verkehr der Eindruck erweckt und entstanden wäre, als gäbe es die KG nicht mehr und die AG sei an ihre Stelle getreten. Dafür fehlt es aber bislang jedenfalls an der möglichen Beweiserhebung und damit den erforderlichen Feststellungen insbesondere im Rahmen der Außenwirkung in Zusammenhang mit der Gründung der AG.

dd) Wenn man zu einer Haftung wegen Firmenfortführung käme, wäre der Beklagten zu 1) das Verhalten der Vermittlerin Schiller, für das die übernommene KG nach § 278 BGB einstehen müsste, im Ergebnis zuzurechnen. Der mit der KG zustande gekommene Vertrag dürfte zumindest wichtige Elemente eines Beratungsvertrages aufweisen. Dabei ist von Bedeutung, dass die Zeugin T1 nach Klägervortrag von sich aus auf die Klägerin zugegangen ist, um sie über die "unselige" Steuerbelastung und die bestehenden Möglichkeiten, diese zu verringern, aufzuklären. Sie soll der Klägerin allerdings nicht unbekannt gewesen, sondern ihr von Bekannten empfohlen worden sein (Bl. 171). Selbst wenn es der Zeugin T1 nur um ein ganz bestimmtes Anlagemodell gegangen wäre, dass sie an den Kunden bringen sollte und wollte, wurde die Ansprache von der Klägerin zunächst jedenfalls nicht so verstanden. Vor einer Beweisaufnahme muss davon ausgegangen werden, dass das Beratungsgespräch jedenfalls in groben Zügen so eingeleitet worden ist, wie es die Klägerin in Bezug auf die vorgelegten Gesprächsnotizen vorgetragen hat. Dann konnte die Klägerin nur davon ausgehen, dass sie im Hinblick auf eine günstige steuersparende und zugleich vermögensbildende Anlage beraten werden sollte. Es kam nach dem letzten Klägervortrag sogar zu zwei Gesprächen. Bei den Beratungsgesprächen ging es erkennbar darum, dass die Klägerin von der Beklagten, der sie aufgrund einer Empfehlung vertraute, unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Interessen darüber beraten werden sollte, welche Anlage sich für sie eignete. Darauf, ob ein gesondertes Beraterhonorar vereinbart oder gezahlt worden ist, kommt es dabei nicht entscheidend an. Der Berater begnügt sich in aller Regel mit der Aussicht auf eine Provision, die er für die spätere Vermittlung des Anlagegeschäftes vom Kapitalsuchenden erhalten kann. Die Klägerin hatte erkennbar auch einen erheblichen Beratungsbedarf. Ihre Vermögensverhältnisse sind zur Sprache gekommen. Es ist ferner erwähnt worden, dass die wirtschaftlich unerfahrene Klägerin zur damaligen Zeit angesichts ihres Einkommens von 1.000,-- DM an sich an einer Steuerersparnis ernsthaft nicht interessiert sein könnte. Es bedarf noch der näheren Aufklärung, was dann ihr besonderes Interesse so erregt haben mag, dass sie sich auf die Anlage einließ. Es kann im Grunde nur die Tatsache der (sicheren) Vermögensbildung gewesen sein. Durch die angebotenen und in Anspruch genommenen Beratungsleistungen ist es jedenfalls stillschweigend zum Abschluss eines Vertrages mit Haftungsfolgen gekommen, der dann auch eine Pflicht zur anlegergerechten Beratung mit sich gebracht hätte.

ee) Die Anlagevermittlerinnen der G4 KG schuldeten somit auf Grund eines solchen Vertrages eine anlegergerechte und anlagengerechte (objektgerechte) Beratung der Klägerin. Eine anlegergerechte Beratung setzt dabei voraus, dass der Berater vor dem Engagement das Anlageziel des Kunden und sein einschlägiges Fachwissen abklärt und auf dieser Grundlage die notwendigen Informationen vollständig und richtig übermittelt und dem Kundeninteresse entsprechende Empfehlungen ausspricht. Eine objektgerechte Beratung setzt voraus, dass der Berater über alle Eigenschaften und Risiken, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig informiert. Die Information muss von sich aus erfolgen und muss dabei sowohl die allgemeinen Risiken als auch die mit der empfohlenen speziellen Anlageform verbundenen Risiken und Nachteile einbeziehen.

(1) Hier ist schon sehr fraglich, ob eine anlegergerechte Beratung in diesem Sinne stattgefunden hat. Dem kann schon entgegenstehen, dass es den Vermittlerinnen in Wirklichkeit nicht ernsthaft auf eine Suche nach einer für die Klägerin geeigneten Anlage ankam, sondern ausschließlich um die Vermittlung einer Beteiligung an der G3 AG. Die Vermittlerinnen haben offenbar das Anlageziel der Klägerin nicht ermittelt, sondern ihr mit der möglichen Steuerersparnis und Vermögensbildung von sich aus ein Anlageziel vorgegeben. Angesichts der damaligen Vermögensverhältnisse der Klägerin war die ihr vermittelte Anlage zur vorrangigen Steuerersparnis angesichts dieser Risiken und dieser langen Laufzeit objektiv nicht geeignet. Im Beratungsgespräch will die Klägerin sogar noch eindeutig darauf hingewiesen haben, dass sie angesichts ihres bescheidenen Einkommens kaum Steuern zahlen müsse und deshalb eine Steuerersparnis für sie nicht ernsthaft in Betracht komme. Diesen weiteren Hinweis auf die Interessen der Klägerin hat die Vermittlerin Z2 nach Klägervortrag beiseite geschoben mit der Erklärung, die Situation könne sich ja später ändern. Das war aber keine anlegergerechte Beratung. Auch wegen des erkennbaren Sicherheitsbedürfnis der Klägerin hätte die Zeugin T1 ihr wohl eine Anlage in Form einer Gesellschaftsbeteiligung mit drohendem Totalverlust und Nachschusspflicht überhaupt nicht empfehlen dürfen. Es erschließt sich nicht, warum eine solche Anlage für eine Person in der wirtschaftlichen Situation der Klägerin geeignet sein sollte.

(2) Unabhängig davon hätte die Zeugin T1 die Klägerin als erkennbar sicherheitsbewusste Anlegerin in jedem Fall von sich aus ausdrücklich und klar auf die besonderen Risiken der Anlage hinweisen müssen, insbesondere die Gefahren eines Totalverlustes und einer Nachschusspflicht. Inwieweit die Vermittlerinnen auf die erheblichen Risiken des speziellen Anlagegeschäftes hingewiesen haben, ist zwischen den Parteien streitig. Die Zeugin T1 hat nach der Behauptung der Beklagten über bestimmte Risiken der Anlage mit der Klägerin ausdrücklich gesprochen, die auch im Zeichnungsschein und im Prospekt erwähnt worden sind. Dieser Vortrag der Beklagten ist durchaus beachtlich. Gerade auch angesichts der Tatsache, dass der Klägerin zu einem streitigen Zeitpunkt der Emissionsprospekt mit sehr deutlichen Hinweisen übergeben worden ist, ist es zumindest möglich, dass über solche Risiken auch in einem der beiden Beratungsgespräche gesprochen worden ist. Wenn es darauf ankäme, wäre die Zeugin T1 auch insoweit zu hören.

(3) Möglicherweise haben die Vermittlerinnen aber nicht auf die hohen Provisionskosten, die Wirkungen der Dynamisierung und die Besonderheiten der Vollmacht zur Beteiligung an anderen Gesellschaften hingewiesen. Bereits darin könnte eine gesonderte Verletzung der Pflicht zur anlagegerechten Aufklärung bestehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass in bestimmten Fällen statt einer mündlichen Aufklärung auch die Übergabe eines Prospektes, der die erforderlichen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich vermitteln könnte, genügen kann (vgl. BGH ZIP 2005, 759, 762). Um einen solchen Fall ging es hier nicht. Es ging um eine Anlageberatung einer unerfahrenen und erkennbar auf Sicherheit bedachten Anlegerin, die jedenfalls zunächst mündlich erfolgen sollte und auch erfolgte. Für ihren Erfolg ist der Inhalt des Beratungsgespräches entscheidend und nicht der Inhalt eines etwa in die Beratung einbezogenen Prospektes.

b) Wenn die Beklagte zu 1) haftet, haftet auch die Beklagte zu 2) als deren Komplementärin nach § 161 Abs. 2, 128 HGB.

c) Etwas anderes könnte aber für die Haftung des Beklagten zu 3) gelten. Weder als Kommanditist noch als Geschäftsführer haftet er aus dem abgeschlossenen Beratungsvertrag persönlich, wenn nicht besondere Umstände eine vertragliche Eigenhaftung begründen könnten. Solche sind nicht vorgetragen.

d) Fraglich ist ferner, ob alle Beklagten, insbesondere auch der Beklagte zu 3) auch wegen Kapitalanlagebetruges nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB auf Schadenersatz haften. Insoweit kann zum fraglichen Zeitpunkt nur der Beklagte zu 3) gehandelt haben und die Beklagten zu 1) und 2) könnten sich das Verhalten nach § 31 BGB zurechnen lassen müssen. Zu diesem Zeitpunkt im November 2000 kann der Beklagte zu 3) aber sicherlich noch kein Organ der im Jahre 2005 gegründeten Beklagten zu 1) und 2) gewesen sein. Insoweit kommt also ernsthaft nur eine unmittelbare Haftung des Beklagten zu 3) in Betracht, der damals auch schon Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschaft der Vertriebs KG gewesen ist und der als solcher angesichts seiner herausragenden Stellung in der Gruppe für die Organisation des Vertriebs und die Schulung der Anlagevermittler verantwortlich war. Das haben die Beklagten auch gar nicht in Abrede gestellt. Dem Beklagten zu 3) könnte vorzuhalten sein, dass er durch die Organisation der entsprechenden Schulungen und der Ermöglichung des Einsatzes der strukturierten Gespräche möglich gemacht hat, dass der Vertrieb üblicherweise auf der Grundlage von unrichtigen oder unvollständigen Angaben erfolgen sollte, um mehr potentielle Anleger ansprechen zu können. Der Beklagte zu 3) könnte dann als mittelbarer Täter in Beziehung dazu gebracht werden, dass im Rahmen des Vertriebs Anleger wie die Klägerin von entsprechend geschulten Vermittlern angesprochen wurden, für die die Anlage von vorneherein nicht geeignet war. Diese müssten dann über die wahren Vorteile und Risiken nicht hinreichend informiert worden sein und nur deshalb die Anlage gezeichnet haben. Dadurch könnte der Beklagte zu 3) als Verantwortlicher im Hintergrund zugleich eine Gefährdung des Vermögens der Klägerin und ihren Schaden im Rahmen des Vertriebs einer solcher Anlage zumindest auch billigend in Kauf genommen haben. Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB wäre ebenso denkbar wie eine Haftung aus § 826 BGB. Es muss sich dann aber um eine entsprechend organisierte Vertriebsmaßnahme zur Zeit der Zeichnung der Anlage gehandelt haben. Auch dazu bedürfte es weiterer Feststellungen, insbesondere wäre die Vernehmung der Zeugin T1 dazu erforderlich, ob sie die fraglichen Strukturpapiere kannte und eingesetzt hat. Das ist nämlich streitig und allein aufgrund der Parteierklärung der Klägerin über den Inhalt des so lange zurückliegenden Gesprächs nicht festzustellen. Insoweit ist nämlich auch noch unklar, seit wann es diese verkaufsfördernden Unterlagen gegeben hat und seit wann sie zu Schulungszwecken eingesetzt wurden. Die Papiere sollen nach Klägervortrag von der Beklagten zu 1) benutzt worden sein, die es aber erst seit 2005 gibt. Die Papiere sollen nach Beklagtenvortrag überhaupt nicht vom Beklagten zu 3) stammen. Die Beklagten haben aber auch nicht bestritten, dass solche Papiere irgendwann in ihrem Betrieb zur Anwendung gekommen sind. Das soll nur nicht ausschließlich geschehen sein, sondern in Zusammenhang mit einer weiteren Ausbildung der Vermittler durch Fachkräfte. Insoweit besteht in jedem Fall Aufklärungsbedarf, zumal die Klägerin auch noch die Feststellung der Haftung des Beklagten zu 3) aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung begehrt. Das Feststellungsinteresse ist wegen der Verbesserung der Situation der Klägerin im Falle einer Zwangsvollstreckung allerdings gegeben.

e) Wenn eine objektive Pflichtverletzung bei der Beratung der Klägerin festzustellen wäre, so hätte jedenfalls die Zeugin T1 fahrlässig und somit schuldhaft gehandelt. Ein solches Verschulden ist bei dieser Sachlage schon zu vermuten.

f) Eine solche Pflichtverletzung wäre wohl auch kausal für die Anlageentscheidung und für den dadurch entstandenen Schaden. Im Falle einer fehlerhaften Beratung spricht schon eine Vermutung dafür, dass der richtig beratene Kunde, hier die vollständig aufgeklärte Klägerin, die Gesellschaftsbeteiligung nicht erworben hätte. Das gilt in besonderem Maße, weil es sich hier um eine nicht anlegergerechte, also eine ungeeignete Anlage gehandelt hätte. Diese Vermutung ist hier auch nicht widerlegt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin die Beitrittserklärung in Kenntnis der besonderen Risiken unterschrieb. Die Formularerklärung in dem Zeichnungsschein der Klägerin besagt nur, dass sie den Prospekt erhalten hat und von seinem Inhalt hätte Kenntnis nehmen können. Davon, dass sie tatsächlich Kenntnis genommen und das zur Kenntnis Genommene verstanden hat, ergibt sich weder aus dieser Erklärung noch aus den sonstigen Umständen etwas. Wenn die Erklärung mehr wäre als ein Empfangsbekenntnis in Bezug auf den Prospekt, würde sie gegen § 309 Nr. 12 b BGB verstoßen. Die Klägerin hat immer wieder vorgetragen, dass sie über die besonderen Risiken, insbesondere auch über die im Prospekt erwähnten Risiken des Totalverlustes und der Nachschusspflicht vor der Anlageentscheidung nichts gewusst hat und die Anlage deshalb für geeignet hielt, ein Vermögen zu bilden. Das ist auch im Fall einer Vorlage des Prospekts nicht unwahrscheinlich. Es kommt deshalb für eine kausale Pflichtverletzung nicht entscheidend darauf an, ob der Klägerin der Anlageprospekt von Anfang an vorgelegen hat und in welcher Weise sie dem Prospekt die dortigen ausführlichen Risikohinweise selbst hätte entnehmen können. Gerade im Fall einer Anlageberatung in Form von mündlichen Beratungsgesprächen kann sich ein Anleger, dem ein Emissionsprospekt vorlag, in dem bestimmte Risikohinweise gemacht wurden, im Hinblick auf die Pflichtverletzung sehr wohl darauf berufen, dass er diese Hinweise nicht zur Kenntnis genommen hat. Gerade besonders beratungsbedürftige Anleger vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Beratung und überprüfen die Aussagen anhand des Prospekts überhaupt nicht mehr, jedenfalls aber nur ganz selten mit der gebotenen Genauigkeit, um ihnen Risikohinweise entnehmen zu können, die ihnen der Berater vorenthalten hat.

g) Die Klägerin hätte wohl auch nicht gegen ihre -sich aus § 254 Abs. 1 BGB ergebende- Schadensminderungspflicht verstoßen. Ansatzpunkt dafür könnte zunächst sein, dass sie den ihr zur Verfügung gestellten Prospekt nicht oder nicht gründlich genug gelesen haben kann, weil ihr ansonsten die besonderen Risiken dieser Gesellschaftsbeteiligung nicht hätten verborgen bleiben können. Selbst wenn die Klägerin den Prospekt ausreichend lange vor ihrer Anlageentscheidung erhalten haben sollte, ist zunächst schon fraglich, ob der Prospekt ohne entsprechende Erläuterung zu einer so deutlichen Aufklärung in der Lage ist, wie die Beklagten meinen. Entscheidend dürfte aber sein, dass der Anlageberaterin, die eine bestimmte Anlage als geeignet empfohlen hat, nach der Rollenverteilung im Bereich der Anlageberatung der Einwand verwehrt ist, der Anleger habe sich nicht auf die Vollständigkeit ihrer Angaben verlassen dürfen, sondern hätte insbesondere die Risiken des Anlagegeschäftes einem ihm zusätzlich überlassenen Prospekt entnehmen müssen. Die Klägerin hatte keine Veranlassung, den ihr vorliegenden Anlageprospekt genau daraufhin zu studieren, ob sich von der Beklagten nicht erwähnte Risiken ergeben könnten. Dies gilt umso mehr, wenn die Vermittlerin ihr das Studium des Prospektes gerade zu diesem Zweck noch nicht einmal empfohlen hatte. Dann durfte die Klägerin vielmehr weiterhin darauf vertrauen, dass die Beklagte beim mündlichen Beratungsgespräch die erforderlichen und nach ihrer Einschätzung entscheidenden Informationen für die Anlageentscheidung in Zusammenhang mit der Empfehlung schon gegeben hatte. Ein Mitverschulden ist wohl auch nicht darin zu sehen, dass sich die Klägerin mit zwei Fondsgesellschaften vergleichsweise auf Zahlung von 1.400 € Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile geeinigt hat. Es spricht hier nichts dafür, dass die Beteiligung der Klägerin für sie erkennbar einen weit höheren Wert gehabt hätte als die angerechneten 1.400 €. Die Beklagten können der Klägerin auch hier den zum Zwecke der Schadensbegrenzung erfolgten Vergleichsabschluss, der sie auch im Hinblick auf etwaige Ansprüche der Gesellschaft im Rahmen der Nachschusspflicht freistellte und ihr insoweit Sicherheit bot, nicht als Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht vorhalten. Es wäre gerade die Pflichtverletzung der Beklagten gewesen, die die Klägerin erst in die schwierige Lage gebracht hätte, darauf in angemessener Weise regieren zu müssen.

h) Der Klägerin wäre auch schon durch die Zeichnung der für sie ungeeigneten weil erheblich risikoreicheren Anlage ein Schaden entstanden. Durch den tatsächlich eingetretenen Verlust im Rahmen der Rückübertragung des Gesellschaftsanteils im Vergleichswege hätte er sich nur manifestiert. Die Klägerin hat zwar insoweit von sich aus in den Kausalverlauf eingegriffen, nachdem die Beklagten trotz Aufforderung zum Schadenersatz und zur Freistellung Ansprüche gegen sie als unberechtigt abgelehnt hatten. Dazu war sie aber nach den Grundsätzen des Schadensrechts berechtigt (s.oben).

i) Fraglich ist aber, ob die Klägerin den Ausfallschaden in der bezifferten Höhe von 3.926,34 € erstattet verlangen könnte.

aa) Die Klägerin ist im Rahmen des Schadensersatzes nach § 249 BGB so zu stellen, wie sie stünde, wenn sie das Anlagegeschäft nicht getätigt hätte. Sie hätte dann das bei der Anlage eingesetzte Kapital in Höhe von insgesamt 3.000 € ebenso zur Verfügung gehabt wie die monatlichen Raten. Die Höhe der von der Klägerin insgesamt gezahlten Gelder ist streitig. Die Klägerin hat die geleisteten Einlagen beziffert auf insgesamt 5.314,94 €. Sie hat sich dazu auf die Schreiben des Bevollmächtigten der G3 AG vom 6. September 2006 berufen. Selbst wenn man dies angesichts des Bestreitens der Beklagten ausreichen lassen würde, ergäbe sich daraus nur eine Summe aus den Beträgen in Höhe von 3.527,94 € (Bl. 44) und 1,533,90 € (Bl. 49), die 5.061,84 € ergibt. Es ist insoweit jedenfalls noch weiter aufzuklären. Auf den Gesamtbetrag der eingezahlten Gelder nebst Agio in Höhe von 5.314,94 € lässt sich die Klägerin richtigerweise die getätigten Entnahmen in Höhe von 460,17 € ebenso anrechnen wie den vergleichsweise gezahlten Betrag in Höhe von 1.400 €. Es verbleibt dann rechnerisch richtig ein Betrag von 3.554,77 €.

bb) Daneben könnte die Klägerin dem Grunde nach einen Zinsausfall geltend machen, der ihr als Folge der ungeeigneten Anlage entgangen ist. Fraglich ist nur, ob er in Höhe von 471,57 € begründet ist. Es ist nämlich noch nicht schlüssig dargelegt, wieso die Klägerin zu diesem Zeitpunkt anderweitig Geld in Bundesanleihen angelegt hätte, obwohl sie nach ihrem Vortrag gar keine Anlagemöglichkeit suchte, sondern ihr die Anlage aufgedrängt wurde.

cc) Fraglich bleibt ferner, ob sich die Klägerin Steuervorteile anrechnen lassen muss. Zunächst ist zu beachten, dass es nicht um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern um solche -auch negativen- aus einem Gewerbebetrieb geht. Insoweit gilt noch immer, dass eine Vorteilsausgleichung nur dann in Betracht kommt, wenn feststeht, dass auch unter Berücksichtigung der rückabzuwickelnden Verträge dem Anleger noch so außergewöhnliche Steuervorteile verbleiben, dass es unbillig wäre. ihm diese ohne Anrechnung zu belassen. Davon ist angesichts des Einkommens der Klägerin aber eher nicht auszugehen. Sie könnte in diesem Zusammenhang aber noch dazu vortragen, ob die vergleichsweise erfolgte Zahlung versteuert werden musste oder nicht. Die Entscheidung des BGH MDR 2007, 1088 betraf einen als Haustürgeschäft widerrufenen Darlehensvertrag, der mit einem finanzierten Fondsanteilerwerb als Geschäft verbunden war. Nur in diesem speziellen Fall sollen nach dem Sinn und Zweck des § 3 HWiG a.F. in jedem Fall Steuervorteile zu berücksichtigen sein.

k) Der eventuelle Anspruch ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand auch nicht verjährt.

aa) Zur Beantwortung der Frage, welche Verjährungsfrist hier gilt, ist das neue Recht anzuwenden. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Es handelt sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien um ein altes, also vor dem 1. Januar 2002 begründetes Schuldverhältnis, wie oben schon ausgeführt worden ist. Die Verjährung des aus diesem alten Schuldverhältnis hergeleiteten Anspruchs der Klägerin war auch noch nicht eingetreten, sondern die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. lief am 1. Januar 2002 noch.

bb) Die Frist hatte nach § 198 BGB a.F. mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen begonnen. Der auf das negative Interesse gerichtete etwaige Schadenersatzanspruch der Klägerin wäre hier schon mit der Zeichnung der Anlage im November 2000 entstanden. Denn sogar bei einer unterstellten objektiven Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung ist dem Anleger schon dadurch ein Vermögensschaden entstanden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH WM 2005, 929, 930). Wenn die Beraterinnen ihren Beratungs- und Auskunftspflichten nicht nachgekommen sind und die Klägerin nur deshalb die Anlage zeichnete, erscheint auch bei objektiver Betrachtung schon der Vertragsschluss als ihren konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig. Dem entspricht es auch, dass die Klägerin von diesem Zeitpunkt an die Möglichkeit gehabt hätte, Klage zu erheben, also vom Berater zu verlangen, dass er Zug um Zug gegen Übertragung oder Abtretung des Gesellschaftsanteils das Anlagekapital zurückgewährt und ihn von weiteren Ansprüchen freistellt.

cc) Die regelmäßige Verjährungsfrist, die nach neuem Recht für einen solchen Anspruch gelten würde, ist hier kürzer als die laufende Frist von 30 Jahren. § 195 BGB n.F. regelt, dass die jetzt maßgebliche Frist nunmehr drei Jahre beträgt. Deshalb kommt für die Berechnung der Frist Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB zur Anwendung. Die kürzere Dreijahresfrist wird ab dem 1. Januar 2002 berechnet. Sie steht dem Anspruchsberechtigten voll zur Verfügung. Das heißt aber noch nicht, dass die laufende Frist dann immer am 31. Dezember 2004 abläuft. Die Verjährung tritt zu diesem Zeitpunkt vielmehr nur dann ein, wenn bis zum 1. Januar 2002 auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns des § 195 BGB n.F. vorgelegen haben. Denn richtet sich die Verjährung nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, so ist der Fristbeginn in Überleitungsfällen nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen (BGH ZIP 2007, 624 = NJW 2007, 1584).

dd) Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeuten die Übergangsregelungen, dass die nun geltende kürzere Frist von drei Jahren erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat, weil zu diesem Zeitpunkt die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 noch nicht vorgelegen haben. In der Zeit bis zum Jahre 2006 lag eine entschuldbare Unkenntnis der Klägerin von den maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen vor. Die maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen sind hier darin zu sehen, dass es sich bei der Anlage nicht um eine zur sicheren Vermögensbildung geeignete Anlage handelte, sondern um eine mit dem Risiko von Totalverlust und Nachschusspflicht belastete Beteiligung, bei der auch die prognostizierte Rendite keineswegs sicher war. Die Klägerin erfuhr davon nach ihrem Vortrag erstmals durch ein Rundschreiben und eine mündliche Information durch die Informa Anfang 2006. Es liegt auch für den Zeitraum davor keine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin vor. Grob fahrlässig handelt ein Anspruchsteller, wenn seine Unkenntnis der Anspruchsvoraussetzungen auf einer besonders schweren Vernachlässigung der im Verkehr und in eigenen Angelegenheiten erforderlichen Sorgfalt beruht. Das ist der Fall, wenn sich der Betreffende die Kenntnis ohne nennenswerte Mühe und Kosten verschaffen kann, er aber dennoch die Ermittlungen nicht anstellt, die auf der Hand liegen und deren Notwendigkeit jedem einleuchten. Verschließt er sich dadurch einer sich objektiv aufdrängenden Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen, kann er sich auf eine Unkenntnis nicht berufen (BGH NJW 1999, 2808; NJW 1999, 423; NJW 2000, 953; NJW 2001, 1721; NJW 1994, 3092 -Warenterminoptionen). Bislang hat der Senat immer verneint, dass es bereits als grob fahrlässig anzusehen ist, wenn der Anleger bei gründlichen Studium des Zeichnungsscheins oder des ihm vorliegenden Prospektes ohne weiteres erkennen könnte, dass die angeblich sichere und renditeträchtige Anlage vom Anlageberater ungenannte Risiken birgt, dieses Studium aber gerade im Vertrauen auf die Richtigkeit der Erklärungen des Beraters unterlässt. Hier sind Risikofaktoren, auf die nicht hingewiesen sein soll, allerdings teilweise noch einmal ausdrücklich im vorformulierten Text erwähnt worden, so dass sie bei Unterschriftsleistung eigentlich gelesen werden müssten. Auch hier gilt aber wieder der Grundsatz des Vertrauens in den Anlageberater, insbesondere wenn dieser mündlich noch hervorhebt, dass er lieber alle Probleme von sich aus anspricht, ehe sie der Anleger aus dem Kleingedruckten herauslesen muss. Auf einem so vorbereiteten Boden kann es häufig vorkommen, dass ohne (konzentriertes) Lesen der Risikofaktoren der Zeichnungsschein unterschrieben wird. Wird vor der Unterschrift nicht mehr nachgelesen, so geschieht das auch in der Regel in der nachfolgenden Zeit nicht mehr, selbst wenn Zeichnungsschein und Prospekt sich unter den häuslichen Unterlagen befinden. Das mag fahrlässig sein, stellt aber wegen der bewusst erfolgten Ausnutzung eines Vertrauens und einer gewissen Gleichgültigkeit sicherlich keine grobe Fahrlässigkeit dar.

ee) Die somit im Laufe des Jahres 2006 zu laufen beginnende dreijährige Verjährungsfrist ist mit dem Eingang der Klage am 5. Februar 2007, die alsbald zugestellt worden ist, bis heute gehemmt worden.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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